Die Schlingnatter 20.05.2017
Ich bringe meine Sachen mit einem kleinen Handwagen hoch zum Bienenwagen. Der Weg führt vom Hof runter in einem Gehölzstreifen, der zwischen zwei Felder liegt. Hier ist es immer schattig und windberuhigt. Ich bin nur 40m vom Hof entfernt, da liegt vor mir auf dem Weg im Gras eine Schlange. Sie ist karamellfarben mit einer etwas dunkleren Zeichnung am Rücken und mindestens 60cm lang. Sie liegt etwas gewunden da. Mein Hirn läuft auf Hochtouren: „Eine Schlange! Achtung! Was ist das für eine? Keine Ahnung! Ist die giftig? Keine Ahnung! Ist das eine Kreuzotter? Keine Ahnung! Hat sie einen dunklen Zacken auf dem Rücken? Nö! Gut, dann wahrscheinlich keine Kreuzotter. Ein Krönchen?“ Ganz dunkel erinnere ich mich an meinen Jagdschulunterricht. Da wurde immer etwas von einem „Krönchen“ erzählt, an dem man die Ringelnatter erkennen könnte. Ich versuche den Kopf zu erkennen und suche fieberhaft in meiner Erinnerung nach Bildern- auf den Bildern, an die ich mich erinnern kann, waren die Schlangen dort aber alle dunkler. Nachdem ich feststellen konnte, dass von dem Tier wohl keine Gefahr ausgeht (was mein Gehirn erstmal etwas beruhigt) fällt mir sofort ein, was zu tun ist: Fotos machen! Hektisch krame ich mein Handy heraus, finde sie Fotofunktion (wie lange das immer dauert!) und stelle fest, dass eigentlich gar keine Hektik nötig ist: Die Schlang liegt tiefenentspannt vor mir auf dem Weg. Ich mache das erste Foto, sie chillt weiter. Ich mache noch ein Foto, dann beginnt sie sich in einem sehr mäßigen Tempo wegzubewegen. Ich mache noch ein Foto. Ich bin froh, dass sie endlich loskriecht. (Losläuft? Wie bewegen sich eigentlich Schlangen? Ringelt? Kringelt? Schlängelt! Das ist das richtige Wort. Aber: „Die Schlange schlängelt los“ ist irgendwie auch kein vernünftiger Satz.) Als sie so dalag wusste ich gar nicht, wie ich hätte an ihr vorbeikommen sollen ohne auf sie drauf zu treten oder mit dem Handwagen drüber zu fahren. Sie war so lang! Ich mache ein Video, wie sie entspannt in das höhere Gras gleitet. Ich schaue ihr dann noch ein wenig zu. Ich würde sie gerne anfassen, traue mich aber nicht so richtig. Paul ruft mir etwas zu: Ist alles ok? Ja, antworte ich. Hier ist eine Schlange! Paul kommt sofort angerannt- Was? Wo? Und kann sie dann noch betrachten, wie sie sich im höheren Gras am Wegesrand bewegt. Eine Schling-Natter! erklärt er mir begeistert.
Ich recherchiere Schling-Natter. Sie ist selten und streng geschützt. Schon etwas wild, finde ich. Aber wo sind jetzt eigentlich die Wölfe?